Krulli#10

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Technik: Motorrevision nach ca. 7.000km Rennstrecke

Feb 7, 2023

Von Außen betrachtet ist nicht alles sichtbar

Wie der Titel dieses Beitrages schon verrät, geht es um die Motorenrevision nach etwa 7.000km auf der Rennstrecke. Zuvor hatte ich das Bike etwa 1.000km auf der Landstraße in dem auf max. 9.000 U/min gedrosselten Einfahrmodus bewegt. Der Motor hat also insgesamt etwa 8.000km hinter sich. Zeit, um da mal nachzuschauen, ob noch alles in Ordnung ist.

Ölwechsel machte ich regemäßig etwa alle 2.000 – 2.500km. Der Magnet an der Ablass Schraube sah auch jedes Mal unauffällig aus und brachte über die normalen kleinen Rückstände auch nie etwas Bedenkliches zum Vorschein. Aus meiner Erfahrung heraus weiß ich aber, dass das nichts heißen muss. Die Lagerschalen zum Beispiel kann man eben von außen nicht in Augenschein nehmen. Somit hieß es also jetzt im Winter: Motor raus und ab zur Revision. Mein Ansprechpartner in Sachen BMW-Motorrad-Motor ist da der Tom Reiterberger als Spezialist auf diesem Gebiet.

Traurige Tatsachen

Nachdem der Motor zerlegt war, konnten wir die einzelnen Bauteile in Augenschein nehmen. Und das war irgendwie nicht so gut. Man kann das schon als Tragödie bezeichnen. Nach einer nicht wirklich hohen Laufleistung sah das Innere alles andere als noch gut aus.

An den Kolben ist jeweils die Nut, welche den Sprengring zur Sicherung des Kolbenbolzen führt, einfach weggedrückt. Lange wäre das nicht mehr gut gegangen. Es handelt sich bei den Kolben um Mahle-Kolben… da denkt man eigentlich, es sei deutsche Wertarbeit. Naja. Ein Zubehörlieferant baut eben genau das, was ihm beauftragt wird. Mehr sage ich da jetzt nicht dazu.

Das Getriebe sah nicht viel schöner aus. Eines der Zahnräder (vom 3. Gang) ist schon recht arg in Mitleidenschaft gezogen und wäre sicherlich ebenfalls innerhalb der nächsten Zeit kaputtgegangen. Die Bilder sprechen da für sich. Die Beschichtung und auch das Material des Zahnrades sind ordentlich demoliert. Laut meinem Kenntnisstand werden die Getriebe in Taiwan hergestellt. Die Ersparnis muss für BMW schon enorm sein, um als Premium-Hersteller auf diese minderwertige Qualität zu setzen. Das ist dann wohl der sog. Lopez-Effekt. (Google weiß, was das heißt)

Ich finde derartige Beschädigungen nach nicht einmal 10.000km Laufleistung schon sehr ärgerlich, wenn nicht sogar bedenklich. Immerhin werden hierfür wieder ca. 2.000€ fällig, welche nicht eingeplant waren. Beides sind gravierende Mängel und hätten sicherlich auf kurz oder lang zu einem kapitalen Motorschadenschaden geführt, wenn da größere Stücke ab- bzw. rausgebrochen wären. Nur gut, dass ich das checken lassen habe. Beim Thema Getriebe setze ich jetzt auf ein K60-Getriebe (HP4 Race). Diese werden von einem deutschen Unternehmen in offensichtlich besserer Qualität produziert, als der Taiwan-Schrott aus der Serienproduktion. Gleichzeitig sind dann auch die Gänge optimiert. 1. & 2. Gang sind länger, 3. Gang ist identisch und 4-6 etwas kürzer übersetzt als das Originalgetriebe der K67.

Der Rest des Motors sah laufleistungsentsprechend normal aus; gut gebraucht halt. An den Lagerschalen waren Spuren zu sehen, aber im Rahmen der Laufleistung ok. Die werden ja ohnehin erneuert bei der Revision. Alles andere (Kurbelwelle, Pleuel, Lichtmaschine usw.)  sieht gut aus und wird wieder eingebaut.

Im Technik Teil 5 hatte ich ja geschildert, dass ich die Kopfdichtung wechseln musste. Das Ganze musste ich jetzt kurz vor der Revision schon wieder machen. Ich hatte da jetzt schon die Befürchtung, dass der Zylinderkopf oder der Rumpf krumm sind und geplant werden müssen. Das hat sich nicht bestätigt… Zylinderkopf und auch der Rumpf sind plan und nicht verzogen.

Die Frage ist an der Stelle nur, warum wird die Kopfdichtung dann immer so schnell (innerhalb 2-3.000km) undicht? Und meistens immer, wenn ich mal länger als nur die üblichen 20min-Turns gefahren bin. In einem Langsteckenrennen zum Beispiel (1 Stint sind etwa 40-45min)…

Das muss was im Zusammenhang mit den höheren Temperaturen sein. Ich habe ja eine These im Kopf… allerdings kann ich die kaum nachprüfen. Es könnte sein, dass der Rahmen (welcher an der K67/K66 im vergleich zur K46 echt nur hauchdünn ist) zuviel Flexibilität hat und dann sozusagen am Zylinderkopf zieht und drückt, dass dadurch die Kopfdichtung leidet. Ist wie gesagt eine These meinerseits. Ich war echt verwundert, als die 2023er M1000RR vorgestellt wurde und hier tatsächlich als Verbesserung noch mehr Flex am Rahmen angeführt wurde. Soweit ich weiß, wurde in den letzten Jahren der Rahmen in der WSBK mit zusätzlich eingeschweißten Blechen genau deswegen verstärkt. Aber gut, Marketing muss nicht immer logisch sein.

Genau wie das Märchen, dass man aufgrund des Shiftcam-Systems unbedingt an der eigenen Elektronik festhält und nicht wie alle anderen WSBK-Teams auf Magneti Marelli setzt. Im Rennsport braucht es das Shiftcam-Gedöns einfach nicht. Unter 9.000 U/min wird dort praktisch nur in der Boxengasse und der Auslaufrunde gefahren…

Wie gesagt, technische Lösungen sind das eine, Marketing eben das andere.